Mit archivischen sowie Ausstellungsstücken aus Privatbesitz wurden bei der Ausstellung „Shalom Chaverim“ im Stadtarchiv Kerpen Einblick in 1700 Jahre jüdischen Lebens in der Region Rhein-Erft-Ruhr gewährt. Besonders eindrücklich waren bei dem Ausstellungsbesuch im April mit Sicherheit die Zeugnisse aus der Zeit 1933 – 1945. So ist in einer Akte im Stadtarchiv Kerpen die „Evakuierung“ der letzten im Jahr 1942 in Kerpen noch lebenden 31 jüdischen Kinder, Männer und Frauen überliefert. Hinter diesem in der Akte nüchtern beschriebenen Vorgang steht die Deportation dieser Menschen nach Maly Trostenez bei Minsk. Der jüngste war vier, der älteste 86 Jahre alt.
Sie wurden alle ermordet. Bemerkenswert waren neben den Ausstellungsstücken und ihrer Geschichte, auch die Arbeit und die Intention der Ausstellungskonzeption. Unbekannten Menschen wurde ein Stück ihrer Vergangenheit zurückgegeben. Dabei zeigt sich, dass Geschichts- und Archivarbeit auch Detektivarbeit ist.
Im Stadtarchiv Kerpen ist bei den Personenstandsunterlagen die Geburtsurkunde von Abraham Kaufmann (geb. 17. Mai 1827) archiviert. Sein Vater war Isaac Kaufmann, Mohel und bedeutendes Mitglied der jüdischen Gemeinde Kerpens. Als Mohel nahm Abraham Kaufmann die Brit Mila, die männliche Beschneidung nach jüdischer Sitte vor. Dazu führte er ein Mohel-Buch, in dem er alle Beschneidungen schriftlich dokumentierte. Solch ein Buch ist vergleichbar mit dem christlichen Taufregister, nur dass die Angaben zu Mädchen fehlen. Für die Rekonstruktion jüdisches Lebens ist es ein wichtiges Dokument. Heute befindet sich Isaac Kaufmanns Mohel-Buch im Leo Baeck Institut in New York. Die Archivarinnen des Kerpener Stadtarchiv konnten es nutzen, um die Informationen aus ihren Standesamtsunterlagen zu Abraham Kaufmann und seinem Leben zu ergänzen.